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„Ich habe mir Israelis ganz anders vorgestellt“
Rundreise durch das Heilige Land: Ein Reisetagebuch (vom Israel.Verkehrs. Berlin)
Tel Aviv 20 Uhr, am Strand. Da sitze ich, trinke ein kühles Bier und beobachte das Treiben auf der Strandpromenade. Sie ist voll mit jungen Israelis, die lachen, tanzen und flanieren. Ganz besonders fallen mir die hübschen Frauen auf. Irgendwie hätte ich mir die Leute anders vorgestellt – ernster, ruhiger, zurückhaltender. Vielleicht gezeichnet durch die Probleme, die in Teilen des Landes herrschen. Yaffa, unsere Reiseleiterin, lacht: „Ernst? Wir Israelis? Da wirst Du Dich im Laufe unserer Reise noch wundern!“
Es war schon immer mein Traum – eine Reise nach Israel. Bereits in meiner frühesten Kindheit beschäftigte mich das Land. Voller Begeisterung sog ich die Geschichten auf, die wir uns an Weihnachten und Ostern erzählten: über die Verkündigung in Nazareth, den Stall in Bethlehem, die Via Dolorosa in Jerusalem. Jetzt ist die Zeit gekommen, mir diesen Traum zu erfüllen. Heute ist der erste Abend meiner zwölftägigen Rundreise durch das Heilige Land! Leider schaffe ich es nicht, mich in das berühmte Tel Aviver Nachtleben zu stürzen – die Schwerkraft zieht mich Richtung Hotel ins Bett.
Vom Aussteigerviertel zur Künstlerkolonie
Tel Aviv ist tatsächlich das, was man sich unter einer „pulsierenden“ Stadt vorstellt. Groß, immer in Bewegung und vielfältig. Nur eines haben die unterschiedlichen Stadtviertel gemeinsam: die Straßen sind gefüllt mit gut gelaunten Menschen. Beeindruckt hat mich das Viertel „Florentin“: Was einst ein heruntergekommenes Viertel mittelloser Aussteiger war, hat sich zur Künstlerkolonie gemausert. Sehr interessant sind auch die Straßenzüge, die im Stil der Bauhausarchitektur gebaut wurden. Kein Wunder wurden sie zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt, denn sie sind sehr gut erhalten. Wir fahren an der Mittelmeerküste entlang nach Norden. Sandstrand so weit das Auge reicht. Es geht nach Haifa, vorbei am Amphitheater in Caesarea. „Kommt mich nächstes Jahr im Sommer besuchen, dann sehen wir uns hier eine Aufführung an“, meint Yaffa. Ich könnte mir tatsächlich kaum eine schönere Kulisse für ein Theaterspektakel vorstellen als die Steine von Caesarea und das hinter dem Theater liegende Meer.
Israel ist Multikulti
Unser Tag in Haifa beginnt mit dem Besuch des „Beit HaGefen“. Hier treffen sich regelmäßig jüdische, christliche und muslimische Jugendliche zu verschiedenen kulturellen Veranstaltungen. Tanz, Theater, Kunst, die Teilnehmer sind sich einig: Einflüsse anderer Kulturen sind eine große Bereicherung. Mahmud und Benjamin kommen seit drei Jahren hier her. „Wir haben uns in einem Kunstworkshop kennengelernt“, erzählt Benjamin. „Und haben uns auf Anhieb gut verstanden“, ergänzt Mahmud. Gemeinsam bereiten sie eine Ausstellung vor, die im Wadi Nisnas, einem Künstlerviertel in Haifa, gezeigt werden soll. Der Besuch im Beit HaGefen beschäftigt mich noch lange. Ich war nicht darauf vorbereitet, hier auf Harmonie und Verständnis zu stoßen. „Was denkt Ihr denn über uns?“ fragt Yaffa ernst, als könne sie Gedanken lesen. „Es gibt schon Spannungen in einigen Gebieten. Aber es gibt wesentlich mehr Orte, an denen das Zusammenleben zwischen allen Kulturen völlig ohne Probleme abläuft. Insbesondere hier im Norden Israels gehört Multikulti zum Leben!“ In Haifa besuchen wir noch den Bahai-Tempel mit seinen atemberaubenden Gärten. Außerdem schlendern wir durch die deutsche Kolonie. Ist schon seltsam, hier im Nahen Osten rote Ziegeldächer zu sehen. Aber die deutschen Templer, die diese Häuser bauten, wollten sich durch Elemente wie diesem ein Stück Heimat bewahren. Von Haifa aus geht es weiter nach Akko. Die Altstadt wurde ebenfalls in die Liste der UNESCO Weltkulturerbestätte integriert. Hier wurde eine komplette, unterirdische Kreuzfahrerstadt freigelegt. Was mich in diesen Städten wundert: Juden und Muslime leben Tür an Tür – in friedlicher Nachbarschaft. Komisch, dass darüber nie bei uns in den Nachrichten berichtet wird. Dem Besuch in Haifa und Akko folgen einige Tage in Galiläa. In der Region, über die ich am meisten wusste.
Eine Reise durch die Geschichte der Menschheit
Die Verkündigung in Nazareth, die Bergpredigt, die wundersame Brot- und Fischvermehrung, die Verwandlung von Wasser zu Wein, die Verklärung auf dem Berg Tabor – diese Geschichten haben hier statt gefunden. Wie ein Feuerwerk sprudeln die Erinnerungen in mir hoch. Das neue Testament – Lernstoff der Grundschule! Aber wir sehen noch mehr in Galiläa: Megiddo, eine uralte Stadt, die durch ihre strategische Lage an der Via Maris einst von großer Bedeutung war. Zippori, in den ersten vier Jahrhunderten die bedeutendste Stadt in Galiläa, bekannt für tolle Mosaikböden. Safed, Zentrum der Mystiker und Kabbalisten. Und zweite Wahlheimat der Sängerin Madonna. Ich habe viel über ihre Begeisterung für die Kabbalah gelesen. Kurz, wir besichtigen Orte aus allen Epochen der Menschheit. Im Kibbuz Ginnosar, in dem wir übernachten, kann man ein Relikt aus der Zeit der Bibel bestaunen: ein Holzboot, das aus den Tiefen des See Genezareth geborgen wurde. Am Abend sitzen wir am See Genezareth, essen den berühmten Petersfisch und lassen die Geschichten auf uns wirken. Und wir fragen uns, was uns wohl in Jerusalem erwarten würde.
Jerusalem: Schmelztiegel der Kulturen
Jerusalem übertrifft meine Erwartungen bei Weitem! Es fehlen mir die Worte, die Atmosphäre in dieser Stadt zu beschreiben. Allein die Vielfalt der Menschen ist unglaublich. Ob orthodoxe Juden, flippige Israelis, verschleierte Araberinnen, Priester, Nonnen ... Jeder Mensch in den Straßen von Jerusalem hat ein anderes Gesicht. Das nenne ich einen wahren Schmelztiegel der Kulturen! Wir laufen entlang der Via Dolorosa. Und plötzlich sehen wir ihn vor uns – Jesus, der das schwere Kreuz durch die Gassen trägt. An der Grabeskirche angekommen, sind wir alle in Gedanken versunken. Dieser Ort überwältigt uns geradezu. Erst am Abend sind wir in der Lage, unsere Eindrücke zu besprechen. Allein in der Altstadt von Jerusalem könnte man sich tagelang aufhalten. Die unterschiedlichen Stadtviertel, die Klagemauer, der Felsendom – ein imposanter Ort neben dem anderen. „Dieses Jahr wird hier ganz groß gefeiert“, weiß Yaffa. „Vor genau 60 Jahren wurde der Staat Israel ausgerufen. Die ganze Stadt, ja das ganz Land wird feiern“, erzählt sie uns.
Die Schöne und das Biest - Kontrastreiche Städtereisen nach Israel
Die beiden Städte liegen nur sechzig Kilometer auseinander und könnten doch unterschiedlicher kaum sein. Jerusalem, die Schöne und Heilige, die Stadt, in der gebetet wird. Von hier aus blicken die Gläubigen argwöhnisch auf Tel Aviv. Die Stadt am Mittelmeer, in der gelebt und gefeiert wird, die für ihre Freizügigkeit bekannt ist. Ganz oberflächlich betrachtet, könnte man die beiden Städte so beschreiben. Aber eben nur oberflächlich. Hinter den Kulissen gibt es weit mehr zu entdecken als Gebetshäuser in Jerusalem und Partymeilen in Tel Aviv. Studentenstadt Jerusalem Ja, in Jerusalem wird gebetet. In rund 1.200 Synagogen, 200 Kirchen und 60 Moscheen treffen sich Gläubige, um den Herrn zu preisen. Die heiligsten Orte der Juden, Christen und Muslime befinden sich hier. Klagemauer, Via Dolorosa und Grabeskirche, Felsendom – das sind Orte, die Pilger aus der ganzen Welt anziehen. Dementsprechend abwechslungsreich ist die Stadt nicht nur in architektonischer, kultureller und kulinarischer Hinsicht, sondern auch was die Menschen angeht. Jerusalem ist ein wahrer Schmelztiegel der Nationen. Jede ethnische Bevölkerungsgruppe hat neben ihrer Werte und Traditionen auch ihre kulinarischen Gewohnheiten mitgebracht. So bietet die Gastronomielandschaft in Jerusalem für jeden Geschmack etwas. Es sind aber nicht nur Gläubige, die ihren Weg in die Heilige Stadt finden.
Kulturmetropole Tel Aviv
„Wenn Du einen Ort suchst, an dem das Leben tobt, musst Du schon nach Tel Aviv kommen“, wirft Silke ein. Silke, Annes Freundin, ist ebenfalls nach Israel ausgewandert. Die gebürtige Berlinerin kam als Volontärin nach Israel, um im Kibbuz zu arbeiten. Doch schon bald entdeckte sie Tel Aviv, fand eine Anstellung in einer Strandbar. „Das Leben hier ist einfach genial!“ Ja, in Tel Aviv wird gelebt und gefeiert. „Aber nicht nur!“ weiß Silke. „Diese Stadt hat so eine vielfältige Kunstszene, dass ich jeden Tag aufs Neue inspiriert werde.“ Sie malt und träumt von einer eigenen Galerie im „In-Viertel“ Florentin. Hier leben junge Künstler, die von einer großen Karriere träumen und ihr Geld in Strandbars oder Cafés verdienen. Hier und da kann sie ein Bild auf dem „Nahalat Benyamin“, einem großen Kunsthandwerksmarkt, verkaufen. „Die Menschen hier sind einfach offen für alles“, erzählt sie. „Ob alt oder jung, schwul oder lesbisch, in oder out - jeder kann sein Leben gestalten wie er will, ohne dass ihn jemand schief ansehen würde. Deshalb ist auch die Kunstszene so vielfältig“, sagt Silke voller Überzeugung. Kreative Ideen frei ausleben, das war auch die Motivation der Bauhausarchitekten. Sie kamen um 1930 nach Tel Aviv und errichteten ganze Straßenzüge im Bauhausstil. 2003 wurde „Weiße Stadt Tel Aviv“, wie diese Stadtviertel genannt werden, zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt. Im Zuge der UNESCO Feierlichkeiten wurden mehr als zwanzig Häuser restauriert. Was Silke mit ihren Gästen am liebsten unternimmt? „Shoppen!“ Sie muss nicht lange überlegen. “Diezengoff Center, Shalom Tower oder Sheinkin Straße, ein Paradies für Shoppingfreunde!”. Soll es eher Kultur sein, lädt sie gerne ins Suzan Dellal Center ein. Hier finden moderne Tanzshows statt. Ihr Lieblingsrestaurant befindet sich am alten Hafen von Tel Aviv. Das gesamte Areal wurde nach der Schließung des Hafenbetriebs umgebaut. Heute befinden sich hier moderne Cafés, Restaurants, Boutiquen und Kunsthändler. Mit Gästen, denen der Trubel zu groß ist, fährt sie in den südlich gelegenen Stadtteil Jaffa. Dort kann man den alten Stadtkern besuchen und in beschaulicher Atmosphäre schlemmen – mit Blick auf die Skyline von Tel Aviv. „Am liebsten fahre ich dienstags nach Jaffa, denn viele junge Israelis lassen sich dort trauen und vor den historischen Gemäuern fotografieren. Ich liebe kitschige Hochzeiten!“ schwärmt Silke. Das Highlight für ihre Gäste aus Deutschland sei jedoch der Strand. Von der Sonne nicht wirklich verwöhnt, würden sie es genießen, sich einfach mal am Strand lang zu machen und die Seele baumeln zu lassen. Blieben ihre Freunde länger, so Silke, würde sie auch immer einen Besuch in Jerusalem empfehlen. „Das ist nur eine Stunde Fahrt und man befindet sich in einer komplett anderen Welt! Diesen Gegensatz Muss man einfach gesehen haben! Außerdem habe ich dann immer einen guten Grund, meine Freundin Anne zu besuchen“, schmunzelt sie.